Herabfallender Ast – kein Schadensersatzanspruch bei fehlender Erkennbarkeit einer Baumschädigung
Grundsätzlich ist derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, dazu verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst jene Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.
Ein Grundstücksinhaber muss Bäume oder Teile von ihnen entfernen, die den Verkehr gefährden, insbesondere wenn sie nicht mehr standsicher sind oder zu stürzen drohen. Zwar stellt jeder Baum an einer Straße eine potenzielle Gefahrenquelle dar, denn durch Naturereignisse können selbst gesunde Bäume entwurzelt, geknickt oder Teile von ihnen abgebrochen werden. Andererseits ist eine Erkrankung oder Vermorschung eines Baumes von außen nicht immer sichtbar. Selbst bei starkem Holzzerfall können die Baumkronen noch völlig grün sein und äußere Krankheitsanzeichen fehlen. Ein verhältnismäßig schmaler Streifen unbeschädigter Wachstumsschicht im Stamm reicht aus, um eine Baumkrone grün zu halten. Das rechtfertigt jedoch nicht die Entfernung aller Bäume in der Nähe von Straßen, denn der Verkehr muss gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstehen, sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur zurückzuführen sind, als unvermeidbar akzeptieren.
Eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt in solchen Fällen nur dann vor, wenn Hinweise übersehen oder nicht beachtet wurden, die erfahrungsgemäß auf eine weitere Gefahr durch den Baum hindeuten. Dementsprechend kann sich der Verpflichtete mit einer sorgfältigen äußeren Besichtigung begnügen und braucht eine detaillierte fachmännische Untersuchung nur bei Feststellung verdächtiger Anzeichen zu veranlassen.
In einem vom Landgericht Wuppertal (LG) entschiedenen Fall beschädigte ein herabfallender Ast eines am Straßenrand stehenden Baums ein Auto. Es entstand ein Schaden von ca. 6.000 €. Untersuchungen ergaben, dass der Baum bereits Schäden aufwies. Da der Grundstückseigentümer den Zustand des Baums nicht überprüft hatte, klagte der Fahrzeugbesitzer auf Entschädigung.
Die Richter des LG entschieden jedoch zu Ungunsten des Autobesitzers. Er hat keinen Schadensersatzanspruch gegen den Grundstückseigentümer, da er nicht nachweisen konnte, dass eine durchgeführte Sichtkontrolle den Schaden des Baums hätte erkennen lassen. Es fehlt somit der direkte Zusammenhang zwischen einem Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht und dem entstandenen Schaden. Nur wenn bewiesen wird, dass eine ordnungsgemäße Überprüfung die Gefahr aufgedeckt hätte, kann eine fehlende oder unzureichende Kontrolle als Ursache für den Unfall angesehen werden. Es oblag dem Geschädigten, dies zu beweisen und darzulegen. Selbst mit regelmäßigen Kontrollen können Baumschädigungen übersehen werden.
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